Die Grafen von Luckner und ihr Schloss Altfranken
1836 hatte sich der dänische Diplomat Wilhelm Graf von Luckner, geb. Plön 29.1.1805, Enkel des Ahnherrn Johann Nikolaus Graf v. Luckner, Marschall von Frankreich (1722-1794) in Baden-Baden mit Amalie Wilhelmine Gräfin von Reichenbach-Lessonitz, geb. Kassel 31.12.1816, vermählt. Amalie war eine uneheliche Tochter von Kurfürst Wilhelm II. von Hessen mit Emilie Gräfin von Reichenbach-Lessonitz geb. Ortlepp.
Ein Jahr nach der Geburt ihres ersten Sohnes Nikolaus Arthur am 1.1.1838 in Baden-Baden wird die Ehe von Amalie u. Wilhelm bereits wieder geschieden.
Amalie Wilhelmine heiratet 1840 in Dresden Karl Hermann Freiherr von Watzdorf.
1841 kauft Freifrau von Watzdorf von Rittmeister Karl Moritz von Wolfersdorff (10.1.1792-1.12.1866) das Rittergut Altfranken sowie in Pennricher Flur liegende Grundstücke.
1846 stirbt Karl Hermann Fhr. von Watzdorf. Wilhelm Graf von Luckner, inzwischen Kgl. Sächs. Kammerherr, bemüht sich daraufhin wieder um Amalie. Nachdem der Kurfürst von Hessen-Kassel sein Einverständnis gegeben hat, schließen beide am 21. 12. 1847 zum zweiten Mal die Ehe. Am 2.6.1849 wird in Dresden ihr zweiter Sohn Felix geboren.
Nachdem der Traum vom Bau eines eigenen Schlosses in Dresden-Loschwitz durch Umbau des Palais Findlater (ab 1850 wurde daraus Schloss Albrechtsberg) wegen der Ereignisse infolge der Revolution von 1849 zerplatzte, fand Wilhelm Graf von Luckner auf den Fluren des Rittergutes Altfranken den Platz, um dieses Ziel zu verwirklichen. Nach Plänen des Nürnberger Architekten Alexander von Heideloff lässt er hier von 1850-52 Schloss Altfranken mit einem umgebenden Park errichten.
1859 wird die Familiengruft auf dem Friedhof Pesterwitz fertiggestellt, in die als erste Amalie Wilhelmine Gräfin von Luckner († 28.7.1858) umgebettet wird.
Nach zwei Jahren Ehe mit der Schauspielerin Klara Elisabeth Höck stirbt am 12.11.1864 im Alter von 26 Jahren Nikolaus Arthur, der erste Sohn des Bauherren, an Nervenfieber und wird als zweiter in der Familiengruft beigesetzt.
Sein Tod geht dem Vater sehr nahe. In geistiger Verwirrung erschießt sich Wilhelm Graf von Luckner am 19.2.1865 im Schloss.
Sein 16jähriger Sohn Nikolaus Felix wird die folgenden zwei Jahre von der Schwester seiner Mutter, Louise Gräfin von Bose, in Baden-Baden erzogen.
Nach seiner militärischen Ausbildung im Kgl. Sächs. Ulanen-Regiment Nr. 17 in Oschatz nimmt Felix am Deutsch-Französischem Krieg 1870/71 teil. Nach seiner Rückkehr lässt er 1872 Schloss Altfranken innen und außen großzügig umbauen und mit einer inneren Mauer mit Wohntürmen und einer äußeren Mauer mit Wachtürmen umschließen. Wegen einer widerrufenen Verlobung mit der Nichte des russischen Gesandten, Baronin Zoe von Stempel, wird er von Graf von Kotzebue 1874 zum Duell gefordert. Dieses findet im Wurgwitzer Wäldchen statt. Nach zweimaligem Schusswechsel auf 10 Schritt Entfernung, bei dem keiner der Gegner verletzt wird, wird das Duell auf Empfehlung der Sekundanten abgebrochen. Da duellieren im Königreich Sachsen verboten war, wird Graf Luckner zu zwei Monaten Haft auf der Festung Königstein verurteilt. Zurückgekehrt auf sein Schloss, stellt er seinem ehemaligen Kriegskameraden Fritz von Uhde von 1875 bis 1877 den Festsaal als Atelier zur Verfügung.
Felix Graf von Luckner führt ein turbulentes Leben. Wegen der roten Farbe seiner Kutschen und der roten Livree seiner Diener erhielt er vom Volk den Beinamen Der Rote Graf. Er liebte es, sich zu verkleiden oder die Marktstände auf dem Altmarkt mit seinem Gespann zu demolieren, um dann den Schaden großzügig zu bezahlen.
Am 25.9.1886 vermählt er sich auf Altfranken mit der aus München stammenden Solotänzerin an der Hofoper, Mathilde Zink. Zwei Jahre zuvor war am 3.4.1884 ihr einziger Sohn Nikolaus Felix geboren worden.
Die Wirtschaft im Schloss wird von der Schwester der Gräfin Luckner geführt.
Felix Graf von Luckner stirbt mit 53 Jahren am 12.4.1902 an Darmkrebs. Seine Witwe richtet im Schloss ein Stift für adlige Damen ein.
Sein Sohn Felix findet keinen Gefallen am Schloss Altfranken, sondern lebt in Monte Carlo, Genf und Baden-Baden.
1905 stiftet er der Kirche Pesterwitz die große Glocke.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges, in welchem er 3 Jahre als französischer Gefangener in der Festung Crozon bei Brest verbrachte, heiratet er 1918 in Genf die Französin Andrea Gallay. Beide richten ihren Lebensmittelpunkt in der Villa Turgenjew in Baden-Baden ein, in die sie auch Möbel und Gemälde aus dem Schloss Altfranken einbringen.
Um 1920 verkaufen er und seine Mutter verschiedene Immobilien an Altfrankener Einwohner. 1927 lässt Nikolaus Felix Graf von Luckner einen Großteil der Einrichtung des Schlosses sowie zahlreiche Kunstschätze vom Berliner Kunst- und Auktionshaus Leßke versteigern.
Am 18.12.1934 stirbt Mathilde Gräfin von Luckner und wird als Letzte in der Familiengruft beigesetzt.
Das Schloss bleibt unbewohnt und verfällt.
1938 verkauft es Nikolaus Felix an die Nationalsozialisten, welche es 1939/40 abreißen lassen, um an seiner Stelle eine HJ-Führerschule zu errichten. Wegen des Ausbruchs des II. Weltkrieges kommt dieses Vorhaben nicht mehr zur Ausführung.
Nikolaus Felix Graf v. Luckner stirbt am 19.2.1957 in Genf; seine Witwe überlebt ihn um 20 Jahre.
1967 übergibt sie dem Armeemuseum in Paris den Marschallstab und die Bestallungsurkunde des Ahnherrn, welche bis 1934 als kostbarster Familienschatz im Schloss Altfranken aufbewahrt wurden.
Der Lebensweg des Ahnherrn
Der Ahnherr, Johann Nikolaus Luckner, wird am 12.1.1722 als Sohn eines Brauereibesitzers, Gastwirts und Hofenhändlers im bayerischen Cham/Oberpfalz geboren. Im 7jährigen Krieg, den er als Major begann und als Generalleutnant beendete, kämpft er unter Herzog Ferdinand von Braunschweig -Lüneburg mit einem eigenen Husarenregiment auf dem westlichen Kriegsschauplatz gegen Frankreich. 1763 tritt er in dessen Dienste, kann jedoch die nächsten 25 Jahre in Holstein auf seinen Gütern Blumendorf, Schulenburg und Depenau (auf Gut Depenau wurde rund 100 Jahre zuvor am 17.10.1680 Anna Constantia von Brockdorf, die spätere Reichsgräfin v. Cosel, geboren) verbringen. Am 31. März 1784 wird er vom dänischen König, der die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg mit verwaltete, in den vererbbaren dänischen Grafenstand erhoben. Seitdem führen seine und die folgenden Nachkommen den Titel Graf bzw. Gräfin v. Luckner. Nach Ausbruch der Französischen Revolution stellt er sich den neuen Machthabern zur Verfügung und erhält den Oberbefehl über die Rheinarmee. Am 28. Dezember 1791 wird er in den Rang eines Marschalls von Frankreich erhoben. Vier Monate später widmet ihm Rouget de Lisle das „Kriegslied der Rheinarmee“, welches als „Marseillaise“ zur Nationalhymne von Frankreich wird. Nach anfangs militärischen Erfolgen nimmt Marschall Graf v. Luckner 1793 seinen Abschied. Im Oktober versucht er offene finanzielle Forderungen geltend zu machen. Durch Prinz Karl Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg wird er jedoch denunziert, verhaftet und wegen Landesverrats angeklagt.
Am 4.Januar 1794 wird er in Paris vom Revolutionstribunal zum Tode verurteilt und noch am selben Tag mit der Guillotine hingerichtet.